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Silvesterchläuse

Draussen braust der Sturm - Regen und Wind pfeift ums Haus - und heute, am 13. Jänner wollten wir doch nach Urnäsch, die wilden Männer besuchen!

nein, das sind keine Büsche, sondern....??

Dort oben schneits das, was es hier unten regnet - hmmm, bequemer wärs da zu bleiben, doch meine liebe Katharina ist "scho grüscht" und so geb ich mir einen Schubs und wir fahren. Danke Katharina - es hat sich gelohnt, ein toller Tag wars, seht selbst:

die Schönen

Am alten Silvester, dem 13. Januar, nach Julianischen Kalender der letzte Tag im Jahr, wird im protestantischen Appenzell-Ausserrhoder Hinterland der uralte Brauch des Silvesterchlausens gefeiert.

So demonstrieren die protestantischen Urnäscher, Hundwiler, Schönengründler, und Waldstätter noch heute ihren Widerstand gegen den von Papst Gregor verordneten Gregorianischen Kalender bzw. gegen die Machtansprüche der katholischen Kirche.

Schöni

Schö-Wüeschti

Silvesterchläuse, die Schöne, die Schö-Wüeschte und die Wüeschte ziehen in Schuppel, Gruppen, über die Appenzeller Hügel und bringen ihren Segen und die guten Wünsche zum neuen Jahr zu den weit verstreut liegenden Höfen.

Wüeschti

Ein Schuppel besteht aus zwei Rolli und mehreren Schelli. Die Rolli oder Rollewiiber tragen Frauenkleider und dreizehn runde Schellen, werden aber von Männern dargestellt - interessant die 13 Schellen, da kommen mir die 13 Monde / Monate in den Sinn oder auch die 13. Fee, die nicht eingeladen wurde - hier ist die ungeliebte 13 im Ritual integriert.

en Wüeschte Rolli

und es Rolliwiib vo de Schöne

Die Schelli tragen eine oder zwei Schellen und stellen die Mannevölcher dar, also die Männer.

Das Chlausen wird vor allem von Männern und Buben betrieben - und das empfinde ich als absolut richtig so, denn dann sind die Energien richtig verteilt.

Ein Gefühl des Getragenseins, des Richtigseins stellt sich ein beim Mitereleben, auch wenn wir und viele andere Touristen und Schaulustige das Spekakel mit Kamera und Handy verfolgen - das spielt auf einmal keine Rolle mehr - wir werden an unsere archaischen Erinnerungen angedockt und ein Gefühl, dass alles zusammengehört, alles eins ist, stellt sich ein, magisch, mystisch.

Im 17. Jahrhundert versuchte die Kirche zwar "dieser abergläubischen Unart" den Garaus zu machen, was aber glücklicherweise nie ganz gelungen ist.

Bei Winterbräuchen ist das Lärmen, mit Schellen, Glocken, Stampfen üblich, ein lauter, tiefer, monotoner Winter-Lärm, wichtige Botschaften, die der Erde mitgeteilt werden.

Die Chläuse bewegen sich in Sprüngen, schütteln den Körper, sie bewegen sich "nicht normal", ein Zeichen, dass sie aus einer anderen Welt kommen - und dahin nehmen sie uns mit mit ihrem Tönen, den Zäuerli-Gesängen.

Die Landschaft und wir Menschen mit ihr, Tiere und Pflanzen, alle werden gesegnet von allen "guten Geistern" - ein wunderbares Ritual.

Deutungen des Brauchs gibt es einige, der Lärm soll den Winter, oder das Böse vertreiben, oder die Fruchtbarkeit wecken.

Ich erlebte selber, dass das Schellen, Läuten, Zäuerlen und Juchzen mich in eine Art Trance versetzt, ein Bewusstseins-zustand in dem leicht in andere Welten geschaut und gespürt werden kann.

Der Winter ist jedefalls noch ziemlich präsent und pfeifft uns den Schnee um die Ohren ;-)!

Männer schaffen und halten den Raum mit ihrer männlichen Energie, Frauen können sich innerhalb dieses geschaffenen Raums ihrer weiblichen Fruchtbarkeit (auch im übertragenen Sinn) hingeben - hier auch wieder eine Analogie zu einer Meditation mit Marko Pogacnik zur Stärkung der männlichen Energie - und es fühlt sich so unendlich wahr und richtig an!

Das bezieht sich nicht nur auf Männer und Frauen an sich, sondern auch die männlichen und weiblichen Anteile in uns werden versöhnt und geheilt.

Die Wirkung auf unser Bewusstsein ist erstaunlich - ur-uraltes Brauchtum, wenn es den richtigen Seelenanteil berührt wirkt es sofort.

Die Wüeschte, so eindrücklich und beängstigend sie ausschauen, so zahm, geordnet, rituell werden die Hofbesuche durchgeführt.

Der Vorrolli springt voran, kündigt das Kommen seiner Kameraden, dem Schuppel an, dann wird zusammengestanden - im Kreis nach innen gekehrt - und nicht etwa als Vorstellung präsentiert - nach innen gekehrt, zentriert, ja konzentriert - beginnt einer der Chläuse das Zäuerli, den Naturjodel anzustimmen und die anderen fallen ein - sofort entsteht eine magische Stimmung.

Ist das Lied fertig wird kräftig gesprungen und sich geschüttelt, mit immer gleichen Bewegungen und Schritten - wohl ein uraltes Ritual in Fleisch und Blut übergegangen.

Ich verstehe die Wüeschte als Repräsentanten der Naturgeister, sie verehren die grüne Kraft. Der Pan, der bei seiner Gefährtin der Erdgöttin schon mal anklopft um sie zum Tanz aufzufordern - bald ist Frühling!

Das Groscht, das Gewand der Schönen ist bei den Schelli, den Mannevölcher, samtene Jacken und Kniehosen und sie tragen den Huet, den detailiert verzierten riesigen Kopfschmuck, der auch mit geschnitzten Figuren versehen ist die Alltagsszenen darstellen, die Rollewiiber der Schönen tragen Frauentrachten und eine Frauenmaske mit einem Blüemli im Mundwinkel.

Die Schö-Wüeschte sind erst Mitte letztes Jahrhundert in Erscheinung getreten, sie verwenden vor allem Naturmaterialien für Ihre Masken und Kostüme, diese sind aber sehr kunstvoll und sorgfältig arrangiert.

In den frühen Morgenstunden ziehen die Chlauseschuppel los, von Haus zu Haus, voran der Vorrolli, in der Mitte die Schelli und zum Schluss der Noerolli (Nachrolli) - Anfang und Ende ist weiblich! - vor einem Haus stellen sie sich im Kreis auf, schellen und rollen und wenn die Schellen verklungen sind wird ein Zäuerli angestimmt, ein wortloser Jodel.

Üblich werden drei Zäuerli genommen, nach dem letzen Zäuerli wird den Hausbewohnern ein gutes neues Jahr gewünscht und dann werden sie noch mit Glühwein, Weisswein oder heissem Most verköstigt, - jeweils mit einem Röhrchen durch die Mundöffnungen der Masken.

Meist erhalten sie auch noch ein Geldgeschenk - danach wird wieder kräftig geschellet und weiter gehts in geordnetem Zug zum nächsten Haus.

Kein Wunder, lebt dieser Brauch noch echt und autenthisch, trotz der Touristenmassen, die dann vor allem ab Mittag eintreffen, denn schon die Kleinen machen mit - so berührend diese Goofeschüppeli.

Mit heiligem Ernst und grossem Stolz ziehen auch sie von Haus zu Haus und nehmen drei Zäuerli, ganz wie die Grossen!

Und sie lernen, dass man sich vor den Schönen, Schö-Wüeschte und Wüeschte nicht zu fürchten braucht, denn sie kommen mit guter Absicht und segnen Land ond Lüüt!

Wir haben auch eine grosse Portion Segen mitbekommen, sind seelisch und körperlich gestärkt (Südworscht mit Härdopfelsalot und Schlorziflade - unglaublich feiiin!!) heimgekommen und so geb ich Euch den Neujahrssegen der Chläuse weiter!

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