Stirb und Werde
Der Skorpionmonat November mit seinem Herrscher Pluto fordert und geradezu auf, uns in die Unterwelt zu begeben, Allerseelen, Halloween, Ahnenkulte, Nachtmeerfahrt, dieses "in die Tiefe tauchen" um geläutert wieder aufzuerstehen, dieses "Stirb und Werde" ist gerade jetzt, wo wir der Natur beim schönen "Sterben und Vergehen" zusehen können, aktuell - immer im Wissen und Vertrauen um das "Werde" im Frühjahr.

Eine gute Gelegenheit sich mit diesem Thema zu befassen und ein bisschen abzutauchen ist ein Besuch im Landesmuseum Vaduz.

Eine Ausstellung über ägyptische Pyramiden und ägyptische Kultur ist hier zur Zeit, bis am 14. Januar 18, zu sehen. Das Highlight ist die genaue Kopie einer Grabkammer mit den wunderschönen Malereien, die uns Aufschluss über das damalige Verständnis des Lebens nach dem Tode geben.

Die Mumifizierung des Körpers sollte den Körper unversehrt erhalten und das Grab war das Haus für die Ewigkeit. Darum wurden den Verstorbenen Grabbeigaben wie Nahrung, Schmuck und Kleidung mitgegeben, aber vor allem auch Informationen darüber, was sie im Jenseits erwartete. Denn dort musste der Verstorbene viele Prüfungen und Aufgaben bewältigen und schreckliche Gefahren abwehren, damit er das Paradies erreichen konnte, unter den Göttern aufgenommen wurde, und damit das ewige Leben erreichte.
Das ägyptische Totenbuch umfasst etwa 200 Sprüche, ergänzt mit Abbildungen, die die Sprüche illustrieren. Das jeweilig individuell hergestellte Totenbuch, eine Papyrusrolle oder auf Mumienbinden aufgetragen, war qualitativ und umfangmässig von den Wünschen und der Kaufkraft des Auftraggebers abhängig. So ein Totenbuch konnte gut und gern ein Jahresgehalt eines Schreibers (was damals ein angesehener und gutbezahlter Beruf war) kosten. Ab ca 1550 v.Chr bis zur Zeitenwende war es Brauch, den Verstorbenen solche "Navigations-Apps" für das Jenseits mitzugeben.
Ein hübsches Video, das das die Idee des ägyptischen Glaubens kurz zusammenfasst habe ich hier gefunden, es wurde von Schülern der 5. Klasse des Heinrich-Herz-Gymnasium Erfurt gezeichnet:
Das gut erhaltene Grab des Sennedjem, eines altägyptischen Künstlers und Baumeisters, das aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vor Chr. stammt, wurde wunderschön, wie damals üblich, mit Szenen der Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter ausgeschmückt. Die Grabstätte befindet sich in Deir el-Medina in Theben-West.

Die farbenfrohen Malereien, erinnern mich an moderne Comic-Zeichnungen oder Grafiken, sie sind eine Art Wegweiser und Anleitung für die Seele, damit sie sich nicht verirrt auf dem Weg in die Ewigkeit und die schwierigen Prüfungen im Jenseits besteht. Denn, hat die Seele alle Prüfungen bestanden und wird für gut befunden, kann sie sich wieder mit dem mumifizierten Körper verbinden und im Paradies ewig weiterleben.
Doch kommt mit auf diese goldene Reise in die Unterwelt:

Als erstes begegnen wir beim Portal in die Grabkammer rechts dem Sonnenkater von Heliopolis (Sonnenstadt), der die Apophis-Schlange, die Verkörperung von Auflösung, Finsternis und Chaos und zugleich der große Widersacher des Sonnengottes Re, mit einem Messer tötet, darunter ein Text, der von der Vernichtung der Feinde des Sonnenkönigs Ra berichtet.

Auf der anderen Seite sehen wir die Sonne zwischen zwei Hügeln von zwei, sich den Rücken zukehrenden Löwen und bewacht, die als "gestern" und "heute" gedeutet werden können, darunter Texte zur Begrüssung und Verehrung der Sonne.

An der Decke des schmalen Durchgangs schwebt eine Göttin (eindeutig weiblich!) die die Sonnenscheibe empfängt und rechts davon ist der Verstorbene selbst in Gebetshaltung abgebildet.

Die Grabkammer ist ca 2x5 m gross und etwa 2.5m hoch - beim Betreten der Grabkammer war ich erstaunt über das goldene Licht, das vom goldgelben Hintergrund der Malereien ausstrahlt und eine freundliche, warme Atmosphäre erzeugt. So ganz anders als man sich eine Gruft oder Grabkammer vorstellt - hier würd es mir auch ganz gut gefallen! Es erinnerte mich an die goldenen Kuppeln im Markusdom in Venedig - in meinem, jetzt wieder aktuellen Blog "Venedig im Winter" beschrieben - die Aussage ist dieselbe: Das Paradies, die himmlischen Gefielde sind golden, licht, sonnig!

Die Szene auf der rechten Eingangswand stellt den Einstieg von Sennedjem und seiner Frau Iyneferti in die Grabkammer dar. Sie stehen anbetend vor den zehn Wächtern der Pforten zur Unterwelt.

Jeder der in einem kleinen Schrein befindlichen tierköpfigen Wächter sitzt auf einer Hieroglyphe der Göttin Maat und hält ein Messer in der Hand






... Ob uns die unterweltlichen Tiergeistwächter wohl auch dereinst eintreten lassen, wir, die die Tiere so behandeln hier im Diesseits?....
Darunter ist eine Abbildung von einer langen Reihe von Verwandten des Verstorbenen, die Opfer für das Totenmahl in Form von Blumen und Vögeln darbringen.

Die Männer tragen alle einen modischen Spitzbart, Männer und Frauen festliche, lange Faltenröcke, ein Stirnband und einen Salbkegel auf dem Kopf. Salbkegel waren kegelförmige Gebilde aus Ölen, Harzen und Fetten, die durch die Körpertemperatur langsam schmolzen und Wohlgeruch verbreiteten.
Zwischen dem zweiten und vierten Stuhl sind zwei kleine Mädchen zu sehen, welche zwar die Seitenlocke der Kinder tragen, aber die schönen lange plissierte Kleider verdeutlichen, dass es sich um jugendliche Frauen handelt.

Auf der Südwand ist die Mumie Sennedjems abgebildet. Er liegt einer Begräbnisbahre, dem sog. Löwenbett. Er wird von den Göttinnen Isis und Nephty in Falkengestalt bewacht. Die Göttinnen tragen die Hieroglyphe ihres Namens auf dem Kopf, links ist Isis, rechts ihre Schwester Nephtys, die Göttinnen für Tod und Wiedergeburt.

Im unteren Teil sitzen die Verwandten von Sennedjem und Iyneferti, seiner Gattin, auf Stühlen mit hohen Rückenlehnen, was die Wichtigkeit und Stellung der Personen anzeigt.
Vor dem Paar steht einer ihrer Söhne im Pantherfell, in seiner Funktion als Priester, mit einem Gefäss für eine Wasserspende.

Die Westseite zeigt ein grosses Bild, oben die doppelte Darstellung von Anubis, hier dargestellt als blauer Schakal, dem Gott der Totenriten, Mumifizierung und Totenrichter, der zusammen mit dem Gott Thot das Totengericht leitet.
Zwischen den beiden Anubis-Schakalen ein Opfergefäss, daüber zwei Lotosblüten als Symbole des Lebens und die Nun-Schale mit drei wellenförmigen Linien, Symbol für das "Ur-Meer" aus dem die ganze Welt entstanden ist.
Das Ganze wird gekrönt von den Schutzzeichen, das Sonnen- und das Mondauge des Gottes Horus (Lichtgott, Himmelsgott) und dem "Schen-Ring", Symbol für die Ewigkeit.
Darunter Sennedjem und seine Gattin Iyneferti in Lebensgrösse wie sie zwölf Unterweltsgötter verehren. Ihre Arme sind zum Gebet erhoben.
Die in zwei Reihen angeordneten Götter sitzen auf der Hieroglyphe Maat (Wahrheit), angeführt von Osiris "dem Sitz des Auges", Gott und Richter über die Toten und der Unterwelt aber auch Fruchtbarkeitsgott - mit seiner traditionellen weißen Krone und einer Halskette mit einem Gegengewicht.
Die untere Götterreihe wird von Re-Harachte, dargestellt mit Falkenkopf und der Sonnenscheibe auf dem Kopf, angeführt, der als Sonnengott die im Osten erscheinende Sonne verkörpert.

Weiter sehen wir Sennedjem auf dem Löwenbett, das in einem Schrein steht. Der Totengott Anubis begleitet den Verstorbenen ins Reich der Unterwelt und legt schützend seine Hand auf die Mumie.

Sennedjem wird nun von Anubis vor den Gott Osiris geführt. Hier mit grüner Haut, als Fruchtbarkeits- und Vegetationsgott. Auch er auf der Maat-Hyrolyphe - Wahrheit und nur Wahrheit zählt hier!
Osiris trägt die Atef-Krone, ein Zeichen auch der irdischen Herrschaft, die Geissel, Zeichen als Richter über die Toten und den Krummstab, Symbol für Wiedergeburt und Regeneration.
Diese Szene erblicken wir als erstes wenn wir das Grab betreten - die Augen des Horus beobachten und durchschauen uns ganz genau.
Die Szene des "Wiegen des Herzens" ist hier nicht dargestellt, das heisst offenbar, dass Sennedjem den Test bestanden hat und frei von Sünde und Verfehlungen ist und deshalb um "Leben und Wasser" im Jenseits bittet.

Anubis als Beschützer und "Öffner der Wege in das Jenseites" führt den Toten nun von Osten nach Westen ins Reich des Osiris.

Sennedjem bringt dem Gott Osiris Opfergaben dar. Er trägt hier eine grau-weisse Perücke - ein Zeichen von geläuterter Weisheit?
Im Schrein vor und hinter Osiris ist je ein "Imiut-Fetisch" zu sehen das sind Tierbälger, die an einem Stab gebunden und mit Lotusblüten umwickelt werden - sie symbolisieren Verjüngung und Lebenserneuerung.

Auf der rechten Schmalwand im Giebel der Wand befindet sich die durch die Unterwelt segelnde Sonnenbarke mit dem falkenköpfigen Sonnengottes Re-Harachte, der ein Anch-Kreuz in der Hand hält, das Symbol für das Weiterleben im Jenseits.

Zwei Paviane, die vor und hinter der Barke sitzen, begrüßen die von Norden nach Süden reisende Barke. Der Pavian auf der nördlichen Seite der Barke grüßt die untergehende Sonne, während der südliche sitzende die aufgehende Sonne.
Darunter werden die "Binsengefielde der Seligen" gezeigt, die sog. Jaru-Gefielde - dies ist ein Ort im Jenseits an dem die Verstorbenen ein zweites Leben führen als Bauern, die ihre Felder am Nil bestellen.

Das Ehepaar Sennedjem und seine Frau Iyneferti bei der Feldarbeit. Sie raufen Flachs, pflügen und säen, schneiden und ernten.

Um diesen mühsamen Arbeiten zu entgehen wurden Stellvertreter, Uschebtis mit ins Grab gegeben, kleine Figurinen, die zum Teil mit den Gerätschaften ausgestattet wurden und wenn der Tote von den Göttern zur Arbeit gerufen wurde, diese für ihn ausführte. Je reicher und mächtiger ein Toter war, desto mehr dieser Uschebtis wurden ihm mitgegeben.

Auch die gewölbte Grab-Decke ist mit Malereien vollständig dekoriert. Unterteilt in acht "Vignetten" stellt jedes Bild eine Szene mit den Stationen des Verstorbenen bei seiner Reise ins paradiesische Leben.

Die am Horizont neu geborene Sonne steigt aus der Dunkelheit empor und erscheint zwischen zwei Bäumen über denen die Morgensonne aufgeht in Form eines kleinen schwarz-weiß gefleckten Kalbs.
Der Falkenköpfige Ra-Harachte trägt eine schlangenumwundene Sonnenscheibe auf dem Kopf
Auf dem Rücken des Kalbs sitzt der Verstorbene, der wiedergeboren ist und dessen neue Vitalität durch die Farbe seiner Haut erkennbar ist.

Der aufrecht stehende Sennedjem verehrt drei Gottheiten. Die Götter sitzen auf der Hieroglyphe der Maat. Diese sind der falkenköpfige Horus und die Horussöhne Amset und Hapi.

Sennedjem verehrt zwei auf der Maat-Hieroglyphe sitzende Götter.
Die Götter auf dieser Darstellung wurden nicht definiert- einzig die Schlange Aphophis windet sich zwischen der Berghyroglyphe - Chaos und Finsternis wartet schon auf den Wiedergeborenen.
Hoffen wir, die anoymen Götter vermögen ihn genügend zu schützen.

Auf der Eingangsseite des Grabes zeigt eine weitere Vignette Sennedjem bei der Verehrung von drei sitzenden Göttern, die ebenfalls auf einer Hieroglyphe der Maat sitzen. Der erste ist der ibisköpfige Gott Thot, der durch die Beischrift: "Gelobt sei Thot, der Herr von Hermopolis, der Schreiber der Wahrheit der Neunheit." Die zweite menschenköpfige Gottheit ist Sia, die für "Verstand, Einsicht und Weisheit" steht und seit der 19. Dynastie im Umfeld des Gottes Thot auftritt.
Der dritte Gott wird ebenfalls menschenköpfig und der Doppelkrone dargestellt. Atum (verblüffend die Ähnlichkeit zu "Atom"!) ist der Schöpfergott, der Urgott von Heliopolis. Er verkörpert auch die Einheit der Welt, steht aber auch für die Endzeit, da er die Vernichtung der Welt überlebt.

Eines der schönsten Deckenbilder befindet sich auf der nördlichen Deckenhälfte und zeigt Sennefer und seine Frau Iyneferti, die festlich gekleidet und mit dem Salbkegel auf dem Kopf vor einer Baumgöttin knien, die einer Eselsfeige entsteigt. Die Göttin reicht dem Ehepaar Wasser und Brotlaibe.
Der Oberkörper der Baumgöttin ist menschengestaltig, während ihre Beine in dem Baumstamm enden. Die Früchte des Baumes sollen Sennedjem und seine Frau ernähren. Das Ehepaar trinkt Wasser, das von der Göttin die hohle Hand gegossen wird.
Diese Szene zeigt Kapitel 59 des Totenbuches, der mit den Worten beginnt: "Spruch, um Luft zu atmen und über Wasser zu verfügen im Totenreich. O, jene Sykomore der Nut, gib mir doch von dem Wasser und der Luft, die in dir sind!..."

Ein Bild das mir besonders gut gefällt ist dieses Nachtbild mit Sternenhimmel,Sennedjem und seine Frau vor fünf sitzenden Gottheiten.

Die dritte Darstellung auf der nördlichen Deckenhälfte zeigt den falkenköpfigen Re-Harachte-Atum in seiner Barke. Hinter ihm befinden sich fünf gestaffelt aufgestellte Gottheiten, welche "die große Neunheit, in der Barke des Re befindlich" repräsentieren. Vor Re-Harachte-Atum steht der "Benu-Vogel", der nubische Reiher. Er trägt die Atef-Krone auf seinem Kopf. Der Benu-Vogel ist die "Ba-Seele des Re".

Sennedjem vor dem Tor des Ostens und des Westens
Der Verstorbene steht vor der Himmelstür, die mit ihren unteren Angeln auf der Erde steht (die Hieroglyphe für Berg) oben aber an den Himmel stößt, der ebenfalls durch die Hieroglyphe für Himmel symbolisiert wird. Durch diese Tür kann der im Westen angekommene Sennedjem in die Unterwelt gelangen.
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Fotos: Copyright Susanne@TEILET.com
Texte und Erklärungen: Wikipedia und ww.nefershapiland.de/Sennedjemgrab.htm
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