Lugnasadh - 1. August
Zwischen den Sonnwenden und Tag- und Nachtgleichen liegen im Jahresrad die Kardinalszeiten Anfang Februar, Anfang Mai, Anfang August und Anfang November, die uns ganz besonders magische Tore zur Anderswelt öffnen.

Übergangszeiten, die weder dies noch das sind, wie Morgen- und Abenddämmerung, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, Mitternacht und Mittagszeit, Sonnwenden, Tag-und Nachtgleichen, sind immer wiederkehrende Unterbrechungen im Fluss der Zeit, in denen für kurze Augenblicke die festen Gesetzmässigkeiten ins Wanken geraten und wo alles magisch und wandelbar ist.

Die Vegetationsgöttin, Lichtjungfrau und Blumengöttin des Frühlings, die an der gegenüberliegenden Achse des Jahresrades, Anfang Februar, Lichtmess oder Imbolc in Erscheinung getreten ist, über die teils noch verschneiten Auen wandelte und mit jedem Fussabdruck eine Fülle von Blüten und spriessenden und keimenden Pflänzlein hinterliess zieht sich nun langsam zurück, wieder zu ihrem Geliebten in die Unterwelt.

Lugnasadh, wenn die Feuerkraft in Gestalt des Gottes Lug Anfang August langsam die Jahresbühne verlässt, ist der grünen Feuerkraft, dem grünen Junker Lug geweiht, der sowohl Krieger als auch Heiler, Hafenspieler, Dichter und Magier ist. Er treibt die Reife der Früchte im August mit seiner letzten, intensiven Feuer- und Hitzekraft noch einmal voran, bis es bald schon zu herbsteln beginnt.



Dass der 1. August, Lugnasadh, gleichzeitig der Nationalfeiertag der Schweiz ist, ist wohl kein Zufall - die Helvetier, das alte Kriegervolk, wollten doch ihr altes Feuerfest weiter feiern und feuern - und es wird bis heute kräftig gegrillt, Funken und Höhenfeuer auf den Bergspitzen entzündet und vor allem, eigentlich untypisch zur sonst so schweizerischen Zurückhaltung, dem lauten Böllern, Knallen, Pfeiffen und Heulen der Feuerwerksraketen gefrönt.

Da wird die Schweiz wohl immer noch vom Gott Lug, dem Magier verhext und zu seiner Freude wird dieses laute Feuerspektakel mit einer grossen Ernsthaftigkeit zelebriert.

Die Schlauheit des Gottes Lug, der beide Seiten zeigt, Krieger und Heiler, Magier und Dichter, wirkt nach wie vor in der Schweizerischen Politik und Wirtschaft, in Organisationen wie dem Roten Kreuz, zeigt sich in der Schweizer Mentalität und hat wohl hier einen fruchtbaren Boden gefunden für seine Impulse.

Spannend auch, dass momentan der Mars, der ja auch ein Repräsentant der Feuerkraft und Kriegsgott ist, wohl das römische Pendant zum germanischen Lug, aussergewönlich erdnahe steht - genau wie im heissen Sommer 2003!
Ich spüre diesen August-Wechsel, diese Kardinalzeit meist sehr genau wenn ich im alten Rhein schwimme, denn das wunderbar klare und weiche Juni-Juliwasser, das mich mit Freuden aufgenommen, gereinigt und gestärkt hat gibt mir ab Mitte August genau zu verstehen, dass es langsam Zeit wird, Ruhe einkehren zu lassen und es nicht mehr angebracht ist ins Wasser zu steigen. Das Wasser wird dunkler und härter, der Wind treibt die ersten Herbstblätter auf der Oberfläche und eine eigenartige, etwas unheimliche Atmosphäre umgibt den sonst so freundlichen Ort.


Denn auch Brunnen, Quellen, See- und Flussufer sind Schwellen, an denen sich die Reiche der Erdgöttin und des Himmelsgottes begegnen - an solchen Orten, können sich aussergewöhliche Kräfte wie Nymphen, Elfen oder Nixen manifestieren und wir Menschen können, wenn wir möchten, Kontakt mit ihnen aufnehmen und kleine Einblicke in die Anderswelt, die Welt hinter dem Schleier der puren Materialität entdecken.

Ich wünsche euch allen ein magisches Feuerfest mit feiner Abkühlung im Nass, als Tribut an die Feuerkraft dieser Zeitqualität und wunderbare Einsichten "hinter den Schleier der Illusion".